Kriegerkönig und Psalmdichter
Über keinen antiken Herrscher sind wir so gut informiert, wie über König David – das allerdings bislang fast ausschließlich aus der Bibel. Wer war der altisraelitische König? Der Mann "nach dem Herzen Gottes", der Glaubensheld, der noch im christlichen Abendland für viele Herrscher leuchtendes Vorbild war? Oder war er ein Despot, wie andere antike Könige auch, dazu ein Opportunist, der sich nicht scheute, mit den Feinden seines Volkes zu paktieren, wenn es in seine Pläne passte? Oder war er einfach eine literarische Figur und über den historischen David wissen wir eigentlich nichts? Tatsächlich weist das Bild des biblischen Königs im Positiven wie im Negativen Nuancen auf, die wir bei anderen Herrschern vergeblich suchen. Wenn die Berichte einen Eindruck vermitteln, dann den von vorbehaltloser Ehrlichkeit, die weit über Hofberichterstattung hinausgeht. Im einleitenden Teil geht die vorliegende Studie der Zuverlässigkeit der biblischen Quellen, v. a. der Bücher Samuel, Könige und Chronik, aber auch der David zugeschriebenen Psalmen nach, wobei der Autor dezidiert andere Folgerungen zieht, als der bibelkritische Mainstream. Wichtiger noch ist die historisch-archäologische Einordnung des Berichteten, für die er einen weiten Bogen von der Landnahme bis zur Reichsteilung zur Zeit von Davids Enkel Rehabeam spannt. Die Diskussion führt er auf der Grundlage der v. a. von Peter James und Peter van der Veen vertretenen Revidierten Chronologie, die den biblischen Berichten sehr viel besser gerecht wird, als der konventionelle Rahmen. Das Bild, das die Bibel von David vermittelt, umfasst beides, das eines Menschen, für den die Beziehung zu seinem Gott im Zentrum seines Lebens stand, daneben aber auch charakterliche Schwächen und Schatten, die manchen Ausleger ins Schwitzen bringen. Die Bibel beschönigt hier nichts. Gezeichnet wird das Portrait eines Königs, der Gott "in der vollen Kraft seiner schuldigen Menschlichkeit" (H. J. Kraus) verehrte, und dabei wusste, dass er auf Gottes Vergebung angewiesen war. Es ist gerade nicht seine strahlende Persönlichkeit, die David zu einem Teil der göttlichen Heilsgeschichte macht, es ist Gott, der seinen Plan zur Erlösung der Menschen ungeachtet aller Unzulänglichkeit seiner Protagonisten vorantreibt.